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Ökologischer Weinbau – wie geht es weiter?

Bei einem Fachgespräch unterhielten sich Baden-Württembergs Weinbauminister Peter Hauk, Vertreter der EU-Kommission und Vertreter von Weinbauverbänden und ökologischen Anbauverbänden über die Möglichkeiten der ökologischen Weinproduktion unter schwierigen Witterungsbedingungen.

Das Jahr 2021 war für die Weinbaubetriebe in Baden-Württemberg eine große Herausforderung. Starker Infektionsdruck durch Peronospora brachte in etlichen Regionen Ertrags- und Qualitätsverluste.

Gerade in Jahren mit hohem Peronospora-Befallsdruck wie 2021 ist das Produktionsrisiko im Ökoweinbau besonders groß, da die Wirkungsunterschiede zwischen den Kupferprodukten des ökologischen Weinbaus und den organischen Präparaten des integrierten Weinbaus deutlich zu beobachten sind. Deshalb kam es 2021 besonders im Ökoweinbau teilweise zu extrem niedrigen Erträgen bis hin zu Totalausfällen. Dies kann betroffene Betriebe in existenzielle Schwierigkeiten bringen, die ökonomische Nachhaltigkeit ist damit in den betroffenen Betrieben nicht gegeben.

Baden-Württembergs Weinbauminister Peter Hauk hatte deshalb Vertreter der Generaldirektion Landwirtschaft der EU-Kommission zu einem persönlichen Austausch eingeladen. »Das Jahr 2021 hat unsere Weinbaubetriebe an ihre psychischen, organisatorischen und wirtschaftlichen Grenzen geführt. Viele Öko-Betriebe haben einen hohen Aufwand im Weinberg betrieben und unbefriedigende Ergebnisse erzielt«, verdeutlichte Hauk die aktuelle Situation als Gastgeber des Fachgesprächs. Hauk stellte gegenüber der EU-Kommission die Frage, wie die Ausbauziele für den zukünftigen Ökolandbau und die aktuellen Herausforderungen im Ökoweinbau in Einklang zu bringen seien. »Die Möglichkeiten des Rebschutzes im Ökoweinbau sind begrenzt. Kupfer ist dabei nach wie vor eine tragende Säule. Dabei stehen wir zur Kupferminimierung, die wir in Deutschland umsetzen. Im Moment stehen auch kurzfristig keine weiteren alternativen Behandlungsmittel für die Regulierung der Rebenperonospora zur Verfügung«. Es stelle sich die Frage, ob Kaliumphosphonat im Ökoweinbau wieder einsetzbar sein könne.

In Brüssel hat sich Baden- Württemberg in den vergangenen Jahren dafür eingesetzt, dass Kaliumphosphonat – zumindest befristet – wieder im Ökoweinbau einsetzbar ist. Die EU-Kommission vertritt aber den Standpunkt, dass Kaliumphosphonat nicht mit den Regeln des Ökolandbaus vereinbar ist.

An dem Fachgespräch, das Anfang Dezember online abgehalten wurde, nahmen auch die Bundes- und Landesverbände des Weinbaus und der ökologischen Weinproduktion teil und informierten über die teils bedrohliche Situation für die ökologisch wirtschaftenden Weinbaubetriebe im Jahr 2021. Unter diesen Bedingungen sei ökologischer Weinbau betrieblich nicht nachhaltig und auch nicht attraktiv. Erfahrungen wie im Jahr 2021 hätten zur Folge, dass weitere Betriebe die Umstellung auf eine ökologische Wirtschaftsweise scheuten oder gar wieder rückgängig machen würden.

Hauk sagte zu, er sei bereit, ein weiteres Gespräch zu organiseren, um weiter an Lösungen für den Ökoweinbau zu arbeiten. Auch bei der Erarbeitung von Fachinformationen für eine mögliche erneute Bewertung von Kaliumphosphonat werde Baden-Württemberg sich mit seinem Fachwissen einbringen.

 

Ökoweinbau möglich machen

"Bis zum Frühjahr 2021 war der Ökoweinbau in Deutschland auf einem sehr guten Weg. Viele Betriebe haben auf Ökoweinbau umgestellt oder einzelne Elemente aus der Ökobewirtschaftung übernommen, viele sahen den ökologischen Weinbau als die Zukunft an. Auch der Deutsche Weinbauverband ist mit seiner aktuellen Offensive zur nachhaltigen Bewirtschaftung auf dem Weg und möchte dabei den Ökoweinbau möglich machen – und zwar weinbaulich und betriebswirtschaftlich! Bei Witterungsbedingungen wie in diesem Jahr ist dies aber unter den derzeitigen Rahmenbedingungen und bei Ernteausfällen, welche die Existenz bedrohen können, nicht möglich. Lösungen für den Ökoweinbau werden gebraucht – nicht nur langfristig, sondern bereits kurzfristig. Wir bekennen uns zum verstärkten Anbau von pilzwiderstandsfähigen Sorten. Sie sind ein Teil unserer Nachhaltigkeitsstrategie. Hier leisten die deutschen Rebenzüchter Pionierarbeit für ganz Europa. Bis sich eine neue Rebsorte jedoch bewährt, braucht es viel Zeit und Erfahrung. Um den Weg zum Ökologischen Weinbau jetzt zu beschreiten, brauchen wir eine Übergangslösung. Diese kann nicht allein durch den Einsatz von Kuper gewährleistet werden. Deutschland hatte sich für eine Kupferminimierungsstrategie entschieden, die durch den Einsatz von Kaliumphosphonaten ermöglicht wurde. Dieser Weg muss auf EU-Ebene wieder geöffnet werden, um einen großen Teil des Kupfers einsparen zu können. Wir sind auch an anderen Lösungen interessiert. Forschungsprojekte wie Vitifit und die Förderung von technischen Lösungen sind auch Bausteine, die Hoffnung auf eine bessere Lösung versprechen. Eine vorübergehende Rückkehr zu Kaliumphosphonat steht keiner neuen Entwicklung entgegen, sondern ist für den Übergang alternativlos.

Ohne diese Übergangslösung wird es der Ökologische Weinbau in Deutschland sehr schwer haben."

Thomas Walz, Vize-Präsident Deutscher Weinbauverband 

 

Mehltaukatastrophe 2021

"Trotz intensivem Pflanzenschutz mit entsprechendem Kosten- und Arbeitsaufwand kam es im Bioweinbau zu teils schweren Ertragsausfällen mit entsprechender ökonomischer Belastung der Winzerfamilien. Aber auch die psychische Belastung der Biowinzer und Biowinzerinnen, die trotz an ihre physischen Grenzen gehendem Einsatz zusehen mussten, wie ihre Anlagen erkranken und der Ertrag von Tag zu Tag schwindet. Erschwerend ist die Tatsache, dass wir es nicht mit einem einzelnen Katastrophenjahr zu tun haben, sondern das Jahr 2021 die stetige Entwicklung der letzten drei Jahrzehnte ausdrückt:

Die Anzahl der Behandlungen im Bioweinbau haben von vier bis sechs Spritzungen in den 80er- Jahren, auf acht bis zwölf Applikationen ab Mitte der 90er-Jahre und seit zehn Jahren auf 12 bis 15 Behandlungen pro Jahr dramatisch zugenommen.

Sowohl die Klimaentwicklung als auch die offensichtliche Zunahme der Virulenz des Peronosporapilzes treiben das Infektionsgeschehen massiv an. Die Angst der biologisch arbeitenden Winzer und Winzerinnen vor jeder neuen Vegetationsperiode und der Ungewissheit, wie sich die Witterung verhalten wird, hat in den letzten Jahren enorm zugenommen.

Unzählige Versuche mit alternativen Möglichkeiten, Verfahren und Präparaten wurden in den letzten vier Jahrzehnten angestellt – bisher ohne Erfolg. Mit Ausnahme der positiven Ergebnisse beim Einsatz von Phosphonaten, mit denen nicht nur Reben gesund erhalten und Erträge gesichert werden könnten."

Paulin Köpfer, ECOVIN BADEN

 

Forschung intensivieren

"Das Jahr 2021 war kein leichtes für den Weinbau – insgesamt wie ökologisch. Um auch in solchen Extremjahren einen umweltverträglichen und unsere Lebensgrundlagen bewahrenden ökologischen Weinbau betreiben zu können, sind kurz-, mittel- und langfristige Ziele und Maßnahmen notwendig, an denen Politik, Wirtschaft und Forschung gemeinsam arbeiten müssen.

Denn es ist wichtig, dass der biologische Weinbau realistische praxistaugliche Lösungen für die großen Herausforderungen anbieten kann, die unter anderem durch Klimawandel und extreme Wetterphänomene weiter zunehmen. Ganz generell ist das langfristige Ziel einer starken Ausweitung der Forschung für den ökologischen Weinbau unumstritten. Auch eine Verbesserung der Verfügbarkeit von naturbasierten Pflanzenschutzmitteln und damit verbunden eine angepasste Zulassung beziehungsweise eine Förderung möglicher Wirkstoffe sind wichtige und auf den Bio-Weinbau positiv wirksame Maßnahmen.

Es braucht zudem einen ausgeweiteten Umbau auf pilzwiderständige Rebsorten (PIWI). Dazu sollten Forschung, Lehre und Beratung dabei unterstützen, den An– und Ausbau und die Vermarktung dieser Rebsorten zu optimieren und die Marktfähigkeit voranzutreiben.

Und natürlich kommt man auch am Thema Kupfer nicht vorbei: Kupferpräparate haben einen langjährigen und traditionellen Platz im ökologischen Weinbau und sind aus heutiger Sicht nicht zu ersetzen. Einen verantwortungsvollen Weg gehen die deutschen Verbände schon seit Jahren mit der Kupferminimierungsstrategie. Ein effizienter und gleichzeitig reduzierter Einsatz dieser Mittel sichert langfristig die Existenz des Öko-Weinbaus in Mitteleuropa und das bei geringem Einfluss auf Umwelt, Mensch und Böden."

Jan Plagge, Präsident Bioland 

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